Es ist eine besondere Atmosphäre der Ruhe, der Sammlung, des Frieden, der Offenheit, die das Kloster Wettenhausen auszeichnet. Woher kommt das?
Das Kloster Wettenhausen ist schon seit über tausend Jahren ein geistlicher Ort, zunächst durch die Augustinerchorherren seit dem 10. Jh., dann seit 1865 durch die Dominikanerinnen geprägt. Man spürt: Das geistliche Leben der Ordensgemeinschaften gestaltete seit Jahrhunderten den Ort und bestimmt ihn bis heute. Es ist ein „durchbetetes Kloster“.
Dabei ist es trotz des Wechsels von den Augustinern zu den Dominikanerinnen eine einzige Traditionslinie, leben doch auch die Dominikanerinnen nach der Regel des heiligen Augustinus.
Der heilige Dominikus, unser Ordensgründer, wurde um 1170 als Domingo de Guzmán in Caleruega in Spanien geboren.
Er wurde zum geistlichen Stand bestimmt und mit etwa 23 Jahren in das Domkapitel von Osma berufen; so wurde er Augustiner-Chorherr. Als solcher begleitete er um 1203 Bischof Diego von Osma in einer diplomatischen Mission nach Nordeuropa. Auf dieser Reise begegneten die beiden Spanier der geistlichen Not der Menschen in Südfrankreich, wo sich die Irrlehre der Katharer weit verbreitet hatte. Viele Gläubige waren Opfer dieser rigoristischen, welt- und leibverachtenden Lehre geworden und hatten daraufhin der Kirche den Rücken gekehrt.
Dies erschütterte Dominikus und Diego so sehr, dass in ihnen der Wunsch entbrannte, diese Menschen wieder zu Gott und in die Kirche zurück zu führen. Darum begannen sie noch auf der Reise den Katharern das Evangelium zu predigen – nach dem Vorbild der Apostel: arm, zu Fuß und den Lebensunterhalt erbettelnd –, was zur Bekehrung einzelner Menschen führte. Schließlich gab Dominikus sein beschauliches Leben im Chorherrenstift von Osma auf und sammelte Priester um sich, um mit ihnen als Missionare unter den Katharern zu predigen. Damit entstand der Predigerorden. Zuvor schon gründete er auch ein Frauenkloster, in dem die Schwestern den Predigtdienst der Männer durch ihr Gebet unterstützten und sich der Mädchenbildung widmeten.
Getreu dieser dominikanischen
Tradition war das Thema Bildung auch für unsere Gemeinschaft lange Zeit ein Hauptanliegen, was sich in der Gründung verschiedener Schulen und der Lehrerinnenbildungsanstalt ausdrückte. Schon früh
erkannten wir die Zeichen der Zeit und gaben Anfang der achtziger Jahre das von uns gegründete St.-Thomas-Gymnasium in die Trägerschaft des Schulwerkes des Bistums Augsburg. Nach wie vor arbeiten
Schwestern in der Schule und die Verbundenheit zwischen Kloster und Schule ist sehr groß. Auch über das St.-Thomas-Gymnasium hinaus liegt uns Bildung, vor allem religiöse Bildung, immer noch sehr
am Herzen.
Dominikus hatte die Not der Menschen seiner Zeit als Anruf Jesu verstanden: „Fahr hinaus!“ Und so war er aufgebrochen, um neue, im Blick auf die damalige Ordenstradition revolutionäre Wege zu
gehen. Die sogenannten Predigerbrüder sollten nicht wie die Mönche bisher an einem Ort verharren und ein rein beschauliches Leben führen, sondern hinausgehen zu den Menschen, die der Kirche
verlorengegangen waren. Dabei verstand Dominikus Mission nicht nur als äußeres Tun, sondern zunächst als ein inneres Ringen um die Menschen im Gebet, aus dem dann als logische Konsequenz der
missionarische Einsatz hervorging. Von Dominikus selbst ist überliefert, dass er Nächte hindurch gebetet und unter Tränen um das Heil der Seelen gerungen habe: „Mein Gott, was wird aus den
Sündern?“ habe er unablässig gerufen. Am Tag sei er den Verirrten nachgegangen, um sie durch die Predigt von der Wahrheit des Evangeliums zu überzeugen.
1216 wurde der Orden der Predigerbrüder, wie die Dominikaner eigentlich heißen, vom Papst bestätigt, nur fünf Jahre vor dem Tod des hl. Dominikus.
Auf die Weise, wie der hl. Dominikus es uns vorgelebt hat, will auch unsere Gemeinschaft missionarisch sein: Das tägliche Gebet ist der Ort unseres inneren Ringens um das Heil der Menschen, die
uns anvertraut sind, seien es Schüler, Besucher oder Pfarreimitglieder. Die seelsorgerliche Tätigkeit, wo immer sie uns möglich ist, d. h. konkret die Hinführung der Menschen zum Gebet und zu den
Sakramenten sowie die Erschließung der Heiligen Schrift, ist die Weise unseres äußeren Ringens um sie.
Die selige Jungfrau Maria ist nicht nur die Patronin des Dominikanerordens, auch das Kloster Wettenhausen war seit seiner Gründung im 10. Jahrhundert der Gottesmutter geweiht.
Darum lag es nahe, dass Mutter Aquinata Lauter 1865, als sie das säkularisierte Augustinerchorherrenstift Wettenhausen erwarb, um dort einen neuen Dominikanerinnenkonvent zu gründen, diesen der Rosenkranzkönigin weihte.
Schon im Mutterkloster St. Ursula in Augsburg hegte Mutter Aquinata, die damals Priorin dieses Konventes war, eine besondere Verehrung für die Rosenkranz-königin. In der Chronik heißt es: „Sie, die Königin des Rosenkranzes, wurde von unserer Mutter zur Baumeisterin aufgestellt. Sie sollte die Hüterin der Clausur und überhaupt die Protektorin und Exekutorin der Neubelebung und Wiederherstellung des Ordensgeistes und der Ordenszucht werden.“
Uns Schwestern heute ist Maria, die Rosenkranzkönigin, ebenso Vorbild und Begleiterin auf unserem Weg der Nachfolge Jesu wie unseren Mitschwestern vor uns. Wir sind sehr froh und dankbar, Maria als Patronin zu haben. Täglich vertrauen wir ihr im Rosenkranzgebet unsere und die Nöte der Menschen an, singen regelmäßig die Lauretanische Litanei und das Salve Regina zum Abschluss des Tages.
In Taufe und Firmung ist auf jeden Christen der Heilige Geist herabgekommen – auch auf uns. Aus diesem Bewusstsein leben, beten und arbeiten wir. So ist der Heilige Geist der Motor für unsere missionarische Tätigkeit.
Wir kennen unsere menschlichen Schwächen und Begren-zungen; doch wir vertrauen auch auf die verwandelnde Kraft des Heiligen Geistes, der schon die mutlosen und ängstlichen Apostel, die sich nach dem Tod Jesu hinter verschlossenen Türen verkrochen hatten, in mutige Zeugen verwandelte. Sie wurden zu glühenden Missionaren, die nicht mehr schweigen konnten von dem, was sie gesehen und gehört hatten, zu Predigern, die bis ans Ende der damals bekannten Welt gingen, um den Menschen das Evangelium zu verkünden, und die ihr Leben dafür hingaben. Ihre Predigt aus der Kraft des Heiligen Geistes traf die Menschen „mitten ins Herz“, so dass sich Tausende taufen ließen (Apg 2,37.41).
Auch wir vertrauen darauf, dass bei all unserem Tun der Heilige Geist die Herzen der Menschen anrührt und verwandelt.
Bewegt vom Wort Gottes haben wir uns auf den Weg gemacht, um Jesus nachzufolgen, Ihm freudig unser Leben zu schenken und uns mit allen Kräften in Seinen Dienst zu stellen. So wollen wir ein lebendiges Evangelium sein.
Das ist nichts Neues in der Kirchengeschichte. Für nicht wenige Heilige wie z. B. den Wüstenvater Antonius, den Kirchenvater Augustinus u. a. wurde das Wort der Heiligen Schrift plötzlich zu einer persönlich Begegnung mit dem Herrn, der sie total verwandelte und in seine Nachfolge rief.
Folgende Bibelstellen wurden auf ähnliche Weise für uns heute zur Initialzündung:
Lukas 5,27-32 |
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" 27 Als Jesus von dort wegging, sah er einen Zöllner namens Levi am Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach! 28 Da stand Levi auf, verließ alles und folgte ihm. 29 Und er gab für Jesus in seinem Haus ein großes Festmahl. Viele Zöllner und andere Gäste waren mit ihnen bei Tisch. 30 Da sagten die Pharisäer und ihre Schriftgelehrten voll Unwillen zu seinen Jüngern: Wie könnt ihr zusammen mit Zöllnern und Sündern essen und trinken? 31 Jesus antwortete ihnen: Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. 32 Ich bin gekommen, um die Sünder zur Umkehr zu rufen, nicht die Gerechten." Wie bei dem Zöllner Levi hat der Herr die verborgene Sehnsucht unseres Herzens und den herumirrenden Durst unserer Seele gesehen und sich unser erbarmt. Er ist gekommen mitten hinein in die Profanität unseres Lebens, hat uns in der Gottesferne „aufgesucht“, um uns eine tiefgreifende, umwälzende Begegnung mit ihm zu schenken; und er hat uns wie Levi gerufen, ihm nachzufolgen. Wir sind uns bewusst, dass wir Sünder sind, doch wir sind auch dem Erbarmen Gottes begegnet, der uns die Gnade der Umkehr geschenkt hat, der uns mit unendlicher Liebe aus unseren Verstrickungen herausgeholt, uns geheilt und gereinigt hat. Voll Freude über diese befreiende Erfahrung der Zuneigung und Liebe Gottes, der gekommen ist, um die Sünder zur Umkehr zu rufen, nicht die Gerechten, folgen wir dem Ruf Jesu und stellen uns in seinen Dienst. In Anbetung, Lobpreis und Dank wollen wir wie Levi dem Herrn so oft wir können „ein großes Festmahl“ geben und alle Menschen einladen, mit uns dieses Mahl der Freude am Herrn zu feiern. Zugleich wollen wir auf diese Weise in den Herzen der Menschen die Sehnsucht wecken, dass der Herr auch in ihr Leben kommen möge. |
Markus 10,17-21 |
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" 17 Als sich Jesus wieder auf den Weg machte, lief ein Mann auf ihn zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen? 18 Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen. 19 Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter! 20 Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. 21 Da sah ihn Jesus an und gewann ihn lieb und er sagte: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!" Wir sind eine Gemeinschaft von Menschen, die die Sehnsucht nach Mehr getrieben hat, Gott über den Alltag des Lebens hinaus zu suchen. Dementsprechend ist die Wurzel, die unsere Gemeinschaft hervorbringt, trägt und nährt, sowie das Feuer, das sie lebendig erhält, die Erfahrung einer überwältigenden persönlichen Begegnung einer jeden Einzelnen mit dem liebenden Blick Jesu. Darin gründet unsere Berufung und dementsprechend verstehen wir unser Leben im Dominikanerinnenkloster Wettenhausen als eine Antwort auf diesen Ruf der Liebe. Die Bereitschaft, alles zurück zu lassen, Jesus nachzufolgen und sich total an ihn hinzugeben, ist dabei die konkrete Form, wie wir mit bedingungsloser Gegenliebe antworten wollen. Dabei kehren wir in den verschiedenen Formen unseres gemeinschaftlichen und persönlichen Betens täglich neu unter jenen liebenden Blick Jesu zurück, denn wir sind uns bewusst, dass unsere Gemeinschaft von ihm her die Wärme und das Feuer erhält, aus dem sie lebt. |
Matthäus 9,35-38 |
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" 35 Jesus zog durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte alle Krankheiten und Leiden. 36 Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben. 37 Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. 38 Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden." In der gegenwärtigen gesellschaftlichen und kirchlichen Situation erschüttert uns die große seelische und geistliche Not vieler Menschen, insbesondere der jungen Menschen. Sie haben oftmals keine Chance, Gott kennen zu lernen und das Vorbild eines lebendigen und sinnstiftenden Glaubens zu erfahren. Infolgedessen bleibt ihnen der Reichtum der Kirche sowie die heilende Kraft ihrer Sakramente weitgehend verschlossen. Gerade weil wir selbst Kinder unserer Zeit sind und ihre Heillosigkeit mehr oder weniger stark erfahren, empfinden wir wie Jesus tiefes Mitleiden mit diesen Menschen. Dies bewegt und treibt uns, ihnen, die nicht mehr von alleine zur Kirche kommen, nachzugehen, auf sie zuzugehen, um sie zu ringen und ihnen „das Evangelium vom Reich“, d. h. die befreiende und heilende Botschaft Jesu Christi zu verkünden. |
Der Magnet unserer Gemeinschaft, der jede von uns anzieht und uns zugleich trotz aller Individualität zu einer Gemeinschaft zusammenschließt, ist Jesus Christus in der heiligen Eucharistie.
Getroffen und entzündet von Seinem liebenden Blick suchen wir dankbar die tägliche, intensive Begegnung mit ihm in der Feier der Eucharistie, im kirchlichen Stundengebet, im Lobpreis vor dem Allerheiligsten und ganz besonders in der eucharistischen Anbetung.
Die eucharistische Anbetung spielt eine große Rolle im geistlichen Leben unserer Gemeinschaft. In der Anbetung nährt und verlebendigt sich unsere Freundschaft mit Jesus, in ihr erneuern wir unsere Ganzhingabe an ihn, in ihr bildet sich unsere Gemeinschaft in der gemeinsamen Liebe zum Herrn und zu den Menschen, in ihr tragen wir täglich die Nöte der Menschen vor Gott und empfangen stets neu unsere Sendung.
Mit Nehemia dürfen wir sagen: „Die Freude am Herrn ist unsere Stärke!“ (vgl. Neh 8,10).
Jede Schwester unserer Gemeinschaft ist von missionarischem Eifer erfüllt. Wir wollen durch unser Lebenszeugnis und unseren Lebenseinsatz die Menschen zu Gott und in die Kirche führen, in der sie die Fülle des Heiles finden. Wir glauben, dass wir dies schwerpunktmäßig auf drei Weisen tun sollten, indem wir die Menschen:
Warum gerade diese Schwerpunkte?
Wir sind der Überzeugung, dass in der gegenwärtigen Situation von Kirche und Gesellschaft die Wiederbelebung sowohl der Sakramente der Versöhnung und der Eucharistie, insbesondere der eucharistischen Anbetung, als auch des Studiums der Heiligen Schrift die wesentlichen Mittel der Evangelisierung sind. Denn sowohl die o. g. Sakramente als auch die eucharistische Anbetung und die Heilige Schrift ermöglichen uns eine direkte, lebendige Begegnung mit Gott mitten in unserer Welt und in unserem Leben.
Wir Dominikanerinnen von Wettenhausen sehen unsere Berufung und Sendung nicht in einem großen Werk, sondern darin, Hilfestellung für diese Begegnung zu geben, d. h. dem Kommen des Herrn in die Herzen der Menschen den Weg zu bereiten: „Er sandte sie aus in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst kommen wollte“ (Lk 10,1).
Was die eucharistische Anbetung betrifft, so durften wir die Erfahrung machen, dass gerade die Menschen unserer heutigen Mediengesellschaft in der Stille vor dem Allerheiligsten auf einmal tief angerührt wurden und sich unmittelbar Jesus öffnen konnten, gerade auch solche, die bisher über keine Bindung an Kirche und keine religiöse Erfahrung verfügten oder gar überhaupt nicht der katholischen Kirche angehörten.
Es scheint, dass es heute weniger die menschlichen Worte sind, die berühren und öffnen, als vielmehr Jesus selbst in der heiligen Eucharistie. Er ist der eigentliche Missionar, während unsere Aufgabe nur im Wegbereiten und Raumschaffen für sein Kommen besteht. Die eucharistische Anbetung ist also in diesem Sinne die erste Säule unseres Apostolates.
Die zweite Säule ist das Sakrament der Versöhnung. Wir halten es für unverzichtbar im Leben eines Christen, denn nur durch die Versöhnung mit Gott und den Menschen öffnet sich auch der Weg für eine lebendige Begegnung mit dem Herrn. Deshalb wollen wir uns dafür einsetzen, die heilende und befreiende Kraft dieses Sakramentes den Menschen nahe zu bringen.
Die dritte Säule unseres Apostolats ist die Heilige Schrift. Sie ist neben den o. g. Sakramenten der bevorzugte Ort, an dem Gott uns begegnet und direkt anspricht. In ihr finden wir Orientierung für unser Leben. Deshalb ist es wichtig, die Menschen mit der Bibel neu vertraut zu machen und sie im Umgang mit ihr zu unterweisen.