Sr. Lucia

Aus einer gläubigen und kinderreichen Familie in Brasilien stammend, nahm ich selbstverständlich regelmäßig an den Gottesdiensten teil. Als kleines Mädchen blieb ich beim Gottesdienst nicht bei meinen Eltern und Geschwistern, sondern bevorzugte es bei den hellgekleideten Ordensschwestern zu sitzen, die anziehend auf mich wirkten.

 

Eines Tages zeigten uns die Schwestern Dias von ihrem Apostolat. Da entschloss ich mich – mit sieben Jahren – auch so eine Schwester zu werden. Damals war ich noch nicht in der Schule, doch der Gedanke trug mich mehr oder weniger bewusst. Mit Leibeskräften sang ich gemeinsam mit meiner Schwester Berufungslieder und wir waren fasziniert vom Echo unseres Gesangs. Da spürte ich, dass Gott mich wirklich beruft.

Wir sangen eigentlich Bibeltexte: „Die Ernte ist groß, doch es gibt wenig Arbeiter. Das Getreide ist reif, niemand erntet es. Viele sind berufen, fast niemand hat Zeit. Die Entscheidung liegt bei dir.“ Oder : „Jesus, du standest damals am Ufer, suchtest Menschen, dir nachzufolgen, mit Gottes Botschaft die Herzen zu fangen. O Jesus, du hast mich dort schon gesehen, deine Stimme rief meinen Namen aus. Siehe, mein Boot, Herr, lass am Ufer ich liegen, mit dir, Jesus, beginne ich meinen Fang.“ Mit 14 Jahren schließlich, war ich fest entschlossen ins Kloster zu gehen, ohne jedoch recht zu wissen, was das wirklich bedeutet.

 

Meine Mutter wollte mich auf die Probe stellen und sagte, wenn ich das wolle, solle ich alleine dorthin fahren. Das Kloster, in das ich gerne eintreten wollte und in dem eine Bekannte von uns lebte, war fast 500 km von meiner Heimatstadt Curitiba entfernt, in Wenceslau Braz, und ich war noch nie allein verreist. Doch ich sagte einfach: „Das mache ich!“ Und so fuhr ich alleine in die fremde Stadt.

 

Ich blieb drei Tage bei den Schwestern. Dann war ich überzeugt, dass das Ordensleben meine Berufung ist. Monate später brachten mich meine Eltern endgültig ins Kloster und da erfuhr ich aus dem Munde meines Vaters, dass er selbst einst Priester werden wollte, ihm aber verschiedene Hindernisse in den Weg gelegt worden waren, so dass es nicht möglich war, diesen Weg zu beschreiten. Da habe er zu Gott gesagt: „Wenn Du eines meiner Kinder berufen willst, werde ich mich geehrt fühlen und dem nicht im Wege stehen.“ So verbrachte ich nun meine Aspirantatszeit (fünf Jahre) im Kloster der Dominikanerinnen in Wenceslau Braz und schloss meine Berufsausbildung als Grundschullehrerin ab.

 

Gerne half ich bei der Katechese und den Andachten in den Dörfern ringsum. Ich hatte mich noch nicht für immer an die Gemeinschaft der Dominikanerinnen in Brasilien gebunden, da kam der Ruf, die Heimat zu verlassen und zu anderen Ufern aufzubrechen. Spontan und freudig folgte ich dem Ruf, nach Deutschland zu kommen, mit dem Gedanken: „Wenn ich dort nur etwas helfen kann.“

 

Mir liegt vor allem die eucharistische Anbetung sehr am Herzen und ich habe erkannt, dass Gott uns damit eine Aufgabe für unsere Zeit gegeben hat: Gerade heute las ich bei Jeremia 24 die Vision von den Feigenkörben. Bei dem Korb mit den guten Feigen sagte der Herr: „Wie auf diese guten Feigen, so schaue ich liebevoll auf die Verschleppten aus Juda, die ich von diesem Ort vertrieben habe ins Land der Chaldäer. Ich richte meine Augen liebevoll auf sie … ich will aufbauen, nicht niederreißen, einpflanzen, nicht ausreißen. Ich gebe ihnen ein Herz, damit sie erkennen, dass ich der Herr bin.“

 

Bei der Anbetung schenken wir dem Herrn die Gelegenheit, uns so liebevoll anzuschauen und uns ein Herz zu geben, das IHN erkennt. Einen Raum der Begegnung mit dem Herrn zu schaffen, darin sehe ich meine Berufung: Selbst unter dem liebevollen Blick Jesu zu sein und andere dazu einzuladen.